Ergebnis des Kompositionswettbewerbs Neue Szenen
Deutsche Oper Berlin • 15. Dezember 2021
Die Deutsche Oper Berlin gratuliert den Gewinnern des Internationalen Kompositionswettbewerbs NEUE SZENEN, den sie zum sechsten Mal in Kooperation mit der Hochschule für Musik Hanns Eisler ausgeschrieben hatte und dessen Ergebnisse im April 2023 in der Tischlerei, der experimentellen Spielstätte der Deutschen Oper Berlin, uraufgeführt werden.
Die Gewinner*inner (Biografien s.u.) sind:
Juta Pranulytė (Komposition)
Sina Fani Sani (Komposition)
Gérman Alonso (Komposition) / Fabrizio Funari (Libretto)
In diesem Jahr waren erstmals sowohl Komponist*innen allein als auch Teams aus Komponist*in und Autor*in aufgefordert, sich für die NEUEN SZENEN zu bewerben. Hierzu waren sie gebeten, mindestens ein aussagekräftiges Werk einzureichen, auf dessen Grundlage die Auswahl für die Aufträge für insgesamt drei Musiktheaterwerke vergeben wurden. Als dreiteiliger Musiktheaterabend werden sie im April 2023 in der Tischlerei zur Uraufführung kommen, inszeniert, gesungen und gespielt von Studierenden der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin.
Bis zum 28. Oktober 2021 gingen 119 gültige Bewerbungen ein, davon mehr als die Hälfte aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland. In mehreren Schritten ermittelten die Mitglieder der Jury – Prof. Gordon Kampe (Komponist), Robyn Schulkowsky (Perkussionistin und Komponistin), Gerhild Steinbuch (Autorin), Sebastian Hanusa (Dramaturg, Deutsche Oper Berlin) und Prof. Claus Unzen (Regisseur, Hochschule für Musik Hanns Eisler, Berlin) die interessantesten und aussichtsreichsten unter den eingesandten Einsendungen.
Biografien
Die aus Litauen stammende Komponistin Juta Pranulytė begann ihre Ausbildung an der Hochschule „Versm“ in Vilnius und setzte dieses an der Hochschule für Chorgesang „Liepaites“ in Vilnius sowie an der Newman High School in Wisconsin fort. Im Anschluss studierte sie Komposition an der Litauischen Akademie für Musik und Theater, am Royal Conservatoire of Scotland und am Victorian College of the Arts der University of Melbourne/ Australien, bevor sie an die Kunstuniversität Graz wechselte, wo sie aktuell einen Master in Computermusik macht. Zudem studierte sie Kunstgeschichte an der Kunstakademie Vilnius. Juta Pranulytė besuchte die Darmstädter Ferienkurse und Meisterklassen bei ReMusik in Moskau und erhielt Stipendien unter anderem bei Voix Nouvelles Royaumont, für die Hallnäs Konstkoloni in Schweden, für Paroles & musique an der Opéra Orchestre National Montpellier, für die IMPULS. Academy for Contemporary Music und die Young Women Opera Makers Residency der Aix en Provence Academy.
Als größere Projekte entstanden in den letzten Jahren das audiovisuelle Werk „WATERS“ als site-specific Komposition für einen verlassenen Wasserspeicher in Vilnius (2018), „SWEET SWEAT“ für Blechbläser und Video (2019), entstanden für das Festival „Jauna Muzika” Vilnius und „7 days“ für 16 Stimmen und Kontrabass (2019), das durch das Ensemble Les Metaboles auf dem Festival Royaumont uraufgeführt wurde. Weitere musiktheatrale Arbeiten sind die Kammeroper „DIRT“ sowie Schauspielmusiken zu „King Lear“ und „Macbeth“ sowie zu „Kadujo.Genesis“, das in der Regie von Vlodimir Bochiarov in Vilnius und Kaliningrad zur Aufführung kam. Juta Pranulytės Musik ist auf mehreren Labels veröffentlich, unter anderem auf Anthologien des Music Information Centre Lithuania, bei der Lithuanian Composers' Union und zuletzt mit „LADA“ auf der CD „New Lithuanian Identities“ des Trios Agora.
Der iranische Komponist Sina Fani Sani (*1990) wurde in Esfahan geboren und studierte zunächst klassische Gitarre sowie Komposition bei Golfam Khayam und Mehrdad Pakbaz an der Universität der Künste in Teheran. Von 2017 bis 2020 studierte er Komposition mit Claus Kühnl und Annesley Black am Dr. Hoch’s Konservatorium in Frankfurt am Main, aktuell macht er seinen Master in Komposition bei Gordon Kampe an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Er nahm erfolgreich im Iran an der Bundesuniversitätsaufnahmeprüfung „concours“ teil, war Teilnehmer der finalrunde beim Tehran Youth Festival 2015 und ist Mitglied der iranischen „National Elites Foundation“. Sina Fani Sani war Stipendiat des Patronatsvereins vom Dr. Hoch’s Konservatorium und ist Stipendiat des DAAD für das PROMOS Stipendienprogramm. Mit seiner Komposition „The Sodomites“ für drei Sopranstimmen und Elektronik wurde er für das 11. Musikfest in Livorno ausgewählt, mit den beiden Musiktheaterwerken „Die kluge Else“ und „Farewell Rituals“ nahm er 2021 an der Hamburger „akademie kontemporär“ teil.
Germán Alonso wurde 1984 in Madrid geboren und studierte Komposition am Real Conservatorio Superior de Música de Madrid, wo er mit Auszeichnung abschloss. Parallel dazu studierte er elektroakustische Komposition bei Alberto Bernal. Er setzte seine Studien fort am Strasbourg Conservatoire bei Mark André, im Rahmen eines Masters in Mixed Composition an der HEM in Genf bei Michael Jarrell, Luis Naon und Eric Daubresse sowie am IRCAM bei Mauro Lanza. Zudem hat er einen Master in Musikwissenschaften der Universität Paris VIII. Er besuchte Meisterklassen und Workshops bei unter anderem Alberto Posadas, Hèctor Parra, José María Sánchez-Verdú, Aureliano Cattaneo, Brian Ferneyhough und Yan Maresz und wurde für Domaine Forget’s „Musique Nouvelle“ in Quebec, das Programm „Voix Nouvelles“ der Fondation Royaumont in Paris, die „International Composer Pyramid“ in Canterbury und den European Musical Creation Workshop in Madrid ausgewählt.
Germán Alonsos Stücke wurden in Europa und Amerika unter anderem von Proyecto OCNOS, Le Nouvel Ensemble Moderne, Xasax, CrossingLines, Vertixe Sonora und den Ensembles Contrechamps, Vortex, Asko| Schönberg, der Grup Instrumental de València und dem Sigma Project gespielt. Er ist Preisträger des neunten Kompositionswettbewerbs „Città di Udine“, des Seminario Permanente de Composición de Valencia, des Kompositionswettbewerbs „Carmelo Bernaola“ und Finalist des Gaudeamus Preises 2013. Er erhielt Aufträge von der Ernst von Siemens Musikstiftung / dem Ensemble CrossingLines, dem Festival Archipel Genève, Vertixe Sonora, dem Institut Valencià de la Música und dne Encontre Internacional de Compositors of Mallorca.
Zuletzt brachte er zwei Musiktheaterwerke zur Uraufführung. Als Auftrag des Teatro Real und des Teatro de La Abadía in Madrid entstand MARIE, geschrieben auf ein Libretto von Lola Blasco und inszeniert von Rafael R. Villalobos, das im Januar 2021 seine Premiere feierte. Bereits im Mai 2019 kam die Oper THE SINS OF THE CITY OF THE PLAIN auf ein Libretto von Fabrizio Funari zur Uraufführung. Dieses fand im Espacio Turina in Sevilla statt mit dem Ensemble Proyecto OCNOS und dem Sänger Niño de Elche. Germán unterrichtet seit 2016 Orchestration am Conservatorio Superior de Castilla-La Mancha. Seine Partituren sind seit 2011 bei BabelScore verlegt.
Der in Rom geborene Librettist, Drehbuch- und Theaterautor Fabrizio Funari studierte, fasziniert von den Strukturen und Regeln sprachlicher Kommunikation, Linguistik und orientalische Sprachen mit einem Schwerpunkt auf der Sprachphilosophie, bevor er seine akademische Ausbildung in London am University College of London und an der Goldsmiths University sowie in Peking, Madrid und Sevilla fortsetzte. Er beschäftigte sich dabei mit antinormativen darstellenden Künsten und Erzählungen und schrieb Libretti und Theaterstücke auf Englisch, Spanisch und Italienisch. Fabrizio Funari arbeitete mit Komponist*innen wie Germán Alonso, Niño de Elche, Martin Gaughan, Alessandro De Rosa, Kieron Smith und Marco Benetti und mit Festivals und Institutionen wie der Biennale di Venezia und den Akademien der Oper von Verona und La Treccani zusammen. Im Jahr 2021 macht er seinen Abschluss an der Renoir Cinema Academy, wo er bei einigen der renommiertesten Drehbuchautoren Europas studierte, darunter Mario Martone und Ugo Chiti.
Zu seinen aktuellen Arbeiten für das Musiktheater zählen „Tredici Secondi o Un Bipede Implume ma con Unghie Piatte“, produziert und uraufgeführt 2019 bei der Biennale di Musica di Venezia 2019, „The Overcoat“, basierend auf Nikolai Gogols Novelle „Der Mantel“, „Decameron Privato“, basierend auf dem Kapitel „Pietro da’ Vinciolo“ aus Giovanni Boccacios „Decamerone“, „Tancredi“, ein Opernvideo über Gender und häusliche Gewalt sowie „The Sins of the Cities of the Plain“, das als Auftrag des Istituto de las Artes y Culturas de Sevilla (ICAS) entstand und bei dem es sich um den ersten Operntext überhaupt handelt, der in Polari geschrieben ist, einer Geheimsprache der homosexuellen Community im viktorianischen Großbritannien, die insbesondere in London gesprochen wurde. Für das Theater entstanden darüber hinaus die Stücke „La Sfinge“ über die Beziehung zwischen einem älteren Mann und einem jungen männlichen Prostituierten, „Familia“ über die Dynamik innerhalb einer dysfunktionalen Familie und mit „Escargot“ ein Monolog über Liebe und Homosexualität. Im Jahr 2021 wurde mit „Si Esto Fuera Cine Sería un Drama“ Fabrizio Funaris erstes Musical über eine Gruppe von Drag-Queens „on the road“, im Teatro Central in Sevilla anlässlich von „Togayther“ uraufgeführt, im Jahr 2021 gewann sein Kurzfilm „BOOM“ den Preis der Jury und den für das beste Drehbuch beim Ettore Scola Festival. Zudem ist Funari künstlerischer Leiter von „The Librettist“, einer Vereinigung zur Förderung zeitgenössischer Librettist*innen, Komponist*innen und Opern sowie Autor und Koordinator von Opera Factor, einem neuen internationalen Opernnetzwerk, das von der Opernakademie Verona gefördert wird.